Rezension „Führen in der
Gesunden Organisation“/ Ingo Kallenbach
Systemisches
Denken, Leistung und Gesundheit, Potenzialentfaltung. Mit diesen drei Begriffen
eröffnet Kallenbach seine Ausführungen zu einem Thema, das im Managementalltag
notorisch nachlässig gehandhabt wird. Die Begriffe begegnen einem in der
einschlägigen Managementliteratur leider allzu oft als Schlagworte oder bloße
Leerformeln. Nicht so im ersten Kapitel von Kallenbachs Führungsbuch: „Was muss
ich wissen? - Grundlagen“. Der Autor definiert die Konzepte präzise und erklärt
sie ausführlich. Sehr systematisch, aber ohne akademische Überforderung. Dem
Leser wird Tiefgang vermittelt, verbunden mit leicht auf die Führungspraxis
übertragbaren Anwendungen.
Dieser
Stil durchzieht konsequent die folgenden Ausführungen. Die VUCA-Welt?
Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity zählen zu den am häufigsten
malträtierten Managementbegriffen auf der Hitliste der Nebelkerzen
selbsternannter Management-Gurus. Der Autor erklärt dagegen die vier Begriffe
systematisch und setzt sie mit den Symptomen der „Kränkelnden Organisation“ in
Verbindung.
Die
Überschrift „typische Symptome“ könnte als „beliebige Aufzählung“
missverstanden werden. Der Autor trifft jedoch mit seiner Auswahl beginnend mit
den Mitarbeitern, den Beziehungen, der Unternehmenskultur, den Prozessen und
Strukturen sowie der Strategie exakt die Schwächepunkte, wie man sie in jedem
Unternehmen kennt. Auffällig ist, dass der Autor die Reihenfolge der
Dimensionen ganz selbstverständlich bei den Mitarbeitern beginnt und die
Interessen der Aktionäre („Strategie“) an den Schluss stellt.
Kallenbachs
Modell der sechs Dimensionen bildet den Analyserahmen für die „Kranke
Organisation“ (Abbildung 26), der in den folgenden Ausführungen als Denk- und
Handlungsrahmen für die Gesunde Organisation (Abbildung 40) aufgegriffen und in
wohltuender Konsequenz ausgearbeitet wird. Führungskräfte, die ihre
Organisation im Sinne vom mehr Leistungsfähigkeit verändern und hierfür
ernsthaft mit ihren Mitarbeitern arbeiten wollen, erhalten somit nicht nur
einen stimmigen Handlungsrahmen, sondern auch ein Konzept, das ihren
Führungsteams und Mitarbeitern gut vermittelbar ist.
Mit
der Abbildung 75 zur Potentialentfaltung stellt der Autor das Managementdenken
auf den Kopf – oder besser auf die Füße. Das Top Management ist ganz unten und
stärkt aus diesem Verständnis heraus den darüber positionierten mittleren
Managern und Mitarbeitern bei der Strategieverfolgung den Rücken – anstatt
diese beiden Gruppen „von oben“ zu blocken (Abbildung 74).
Tiefgang
zeichnen auch die konkreten Führungsansätze aus, die Kallenbach zur Stärkung
der Gesunden Organisation vorschlägt. Die praktischen Vorgehensweisen wie z.B.
„positiv Führen“ oder „vernetzt Führen“ werden zum einen mit Begriffserklärung,
Praxisbeispiel und Einschätzung der Wirkung veranschaulicht. Darüber hinaus
werden sie systematisch in den Kontext von „Individuum“, „Team“ und
Organisation“ gestellt. Die Gefahr, dass dies den Leser ermüdet, entsteht
nicht. Im Gegenteil: Mit seiner Passion für Stringenz macht der Autor gerade
auch Praktiker immer wieder neugierig.
Nicht
zuletzt machen die zahlreichen Abbildungen, die das Verständnis und die
Wiedererkennung stärken, sowie die wissenschaftsnahe Fundierung das Werk zu
einem verlässlichen Kompass die Führungskraft, die ausgetretene Pfade verlassen
möchte.
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